Eigenbedarfskündigung durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Das Landgericht München I ist mit seinem Urteil vom 07.10.2015 (Az. 14 S 2969/15) der ständigen Rechtsprechung des BGH entgegengetreten, wonach auch eine GbR zugunsten eines ihrer Mitglieder oder deren Angehöriger das Recht zubilligt wird, eine Eigenbedarfskündigung auszusprechen.
Der Entscheidung des Landgerichts München I lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagten mieteten von der Klägerin eine 5-Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in M. Die Klägerin erklärte eine Eigenbedarfskündigung zugunsten der Tochter einer ihrer Gesellschafter. Der Mietvertag der Beklagten bestand seit 1985. Nach Abschluss des Mietvertrages verstarb die Vorvermieterin. Der ebenfalls in dem Anwesen wohnende Dr. M erwarb das Grundstück von der Erbengemeinschaft. Für die beabsichtigte Sanierung und Verwertung des Grundstücks gründete Dr. M mit interessierten Investoren die klägerische GbR. Das Eigentum an dem Grundstück wurde auf die GbR übertragen und die GbR im Grundbuch eingetragen. Gesellschaftszweck der GbR ausweislich des § 2 des Gesellschaftsvertrages ist die Instandsetzung, Modernisierung und der Ausbau des Grundstücks, dessen Vermietung sowie nach Möglichkeit die Aufteilung in Wohneigentum. Die in § 19 des Gesellschaftsvertrags vorgesehene Zuordnung der Wohnungen zu den einzelnen Gesellschaftern, wurde nicht weiterverfolgt. Ab 1994 betrieb die Klägerin die Verwertung des Grundstücks. Das Gebäude wurde teilweise saniert, aufgeteilt und teilweise verkauft. Die streitgegenständliche Wohnung war noch nicht saniert. Bereits seit 1998 führen die Parteien Rechtsstreitigen wegen Mietminderungen und Mieterhöhungen. Am 31.12.2012 lehnten die Beklagten ein Mieterhöhungsverlangen der Klägerin ab. Mit Schreiben vom 20.09.2013 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis. Zu Begründung machte die Klägerin Eigenbedarf zugunsten der Tochter eines Mitgesellschafters geltend.
Nach Widerspruch der Beklagten erhob die Klägerin Räumungsklage. Die Beklagten machten geltend, der Eigenbedarf sei nur vorgeschoben. Nach erfolgter Beweisaufnahme wies das Amtsgericht München die Räumungsklage ab. Zur Begründung führte das Amtsgericht München aus, es könne dahinstehen, ob tatsächlich ein Eigenbedarf vorliege. Die ausgesprochene Kündigung sei wegen Verletzung einer Anbietpflicht unwirksam. Die Klägerin hätte der Beklagten die freistehende 76 m2 große Wohnung im Erdgeschoss des Anwesens anbieten müssen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Das Landgericht München hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 20.09.2013 nicht beendet wurde, weil es der Klägerin – nach Auffassung der Kammer – einem berechtigten Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses fehle. Die Klägerin könne schon aus Rechtsgründen kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses für sich beanspruchen. Eine GbR könne zugunsten ihrer Gesellschafter keinen Eigenbedarf geltend machen. Dies sei mit dem Schutzzweck des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht vereinbar, den Mieter von einem unkalkulierbaren Risiko von Eigenbedarfskündigungen durch einen unüberschaubaren Personenkreis zu schützen. Das Verdrängungsrisiko werde bei GbR vervielfacht.
Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des BGH ab. Der BGH hat bereits mit Urteil vom 27.06.2007 (Az. VIII ZR 74/11) entschieden, dass sich eine GbR nicht nur auf ihren eigenen Betriebsbedarf stützen könne, sondern auch Eigenbedarf zugunsten einer ihrer Gesellschafter geltend machen könne.
Wegen der Divergenz mit der Rechtsprechung des BGH hat das Landgericht München I die Revision zugelassen.