Kein Abrechnungsbetrug bei der Delegation von Speziallaborleistungen
Das Landgericht (LG) Düsseldorf stellte mit Beschluss vom 28.04.2015 klar, dass es für die Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage gem. § 153a I StPO schon am erforderlichen hinreichenden Tatverdacht fehle, wenn ein niedergelassener Arzt „privatärztliche Speziallaborleistungen“ der Abschnitte M III GOÄ als eigene abrechnet.
Das Urteil befasst sich mit folgendem Sachverhalt: Die niedergelassenen Ärzte sind Mitglieder in einer Apparategemeinschaft, die den Ärzten für Speziallaborleistungen die notwendigen Gerätschaften zur Verfügung stellt. Die Staatsanwaltschaft warf den Ärzten vor, dass sie die jeweiligen Patienten in betrügerischer Weise geschädigt hätten, indem sie sämtliche Laborleistungen als eigene abrechneten, obwohl sie nicht bei allen vorgenommenen Schritten persönlich im Labor anwesend gewesen waren. Im Fall begehrte die Staatsanwaltschaft die Zustimmung zu einer vorläufigen Einstellung des Verfahrens nach § 153a I StPO gegen Geldauflage.
Nach Ansicht des Landgerichts liege schon der für die Einstellung des Verfahrens nach § 153a I StPO erforderliche, hinreichende Tatverdacht nicht vor. Dieser erfordert die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung über 50 %. Eine solche könne nach Ansicht des Gerichts nicht bejaht werden. Mutmaßliche Tathandlung sei die Geltendmachung der Vergütung für ärztliche Leistungen, ohne dass die Beschuldigten gegenüber den Patienten auf den Sachverhalt hingewiesen hätten, dass nicht sie selbst sondern ein nicht unter ihrer Aufsicht und Leitung stehendes Labor die Leistungen erbracht habe. Diesem Verhalten könne jedoch keine strafrechtliche Relevanz zugesprochen werden. Zunächst könne einer Person, die der Auffassung ist, ihr stehe – bei unklarer Rechtslage – ein Zahlungsanspruch zu, nicht versagt werden, diesen – durch aktives Tun – geltend zu machen. Weiterhin könne der Schwerpunkt der strafrechtlichen Vorwerfbarkeit auch nicht in einem Unterlassen der Offenbarung gesehen werden. Dieses würde gem. § 13 I StGB eine Rechtspflicht zum Handeln voraussetzen. Eine solche könne nicht aus § 241 Abs. 2 BGB als Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag entnommen werden. Den Beschuldigten könne nicht nachgewiesen werden, dass sie in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass für die Patienten die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme bestehe. Sie hätten auch nicht in dem Bewusstsein gehandelt, dass den Patienten die Erstattung des Honorars durch ihre Krankenversicherung bzw. durch ihren Dienstherrn versagt werde. Darüber hinaus existiere insbesondere auch keine berufsrechtliche Grundlage für eine entsprechende Hinweispflicht.
Richtigerweise verweist das Landgericht Düsseldorf die rechtliche Bewertung der Abrechnungsfähigkeit delegierter Leistungen an die Zivilgerichte. Der Vorwurf eines Betrugs gem. § 263 Abs. 1 StGB durch die Ärzte ist rechtlich nicht haltbar. Vielmehr scheint dieser allein eine Konsequenz unterschiedlicher Auffassungen über die Zulässigkeit der von den Ärzten gewählten Organisation ihrer Laborleistungen und deren Abrechnungen zu sein