Kein Schadensersatz für einfaches Foul
Das Landgericht Amberg hat mit Urteil vom 12.05.2016 (Az.: 21 O 1268/15) über eine Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderung zu entschieden, für eine Verletzung, die sich die Klägerin bei einem Beachvolleyballspiel zugezogen hat.
Die Klägerin und der Beklagte nahmen an einem Beachvolleyball-Trainingscamp teil. Anlässlich eines Trainingsspiels kam es zu einem Zusammenstoß zwischen dem Beklagten und der Klägerin, bei der sich die Klägerin einen Schienbeinbruch zuzog. Die Klägerin machte geltend, der Beklagte habe sich grob regelwidrig verhalten, indem er im vollen Anlauf auf das Netz zusprang und in der gegnerischen Spielfeldhälfte mit der Klägerin zusammenstieß.
Der Beklagte räumte zwar ein, dass er mit vollem Anlauf auf das Netz zugelaufen sei, er habe aber versucht, den Ball zu erreichen, weshalb keine grobe Regelwidrigkeit vorliege. Außerdem sei unklar, ob sich die Klägerin die Verletzung bei den Zusammenprall zugezogen habe oder beim Aufkommen auf dem Boden.
Das Landgericht Amberg hat die Klage der Klägerin abgewiesen. Zur Begründung führt das Landgericht Amberg aus, dass eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB aufgrund des konkludent vereinbarten Haftungsausschlusses ausscheide. In Sportarten, bei denen auch bei Einhaltung der Regeln bzw. bei geringfügigen Regelverstößen die Gefahr gegenseitiger Verletzung bestehe, ist davon auszugehen, dass diejenigen Verletzungen in Kauf genommen werden, die bei geringfügigen Regelverstößen in wettbewerbstypischen Risikolagen, z. B. aus Spieleifer, Unüberlegtheit, Übermüdung oder ähnlichen Gründen entstehen können. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Regelwidrigkeit vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig begangen wurde. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass bei der Beurteilung des Verschuldens eines sportartspezifischen Verschuldensmaßstab anzulegen sei. Dieser richte sich nach den Gegebenheiten der jeweiligen Sportart. Die Teilnahme an einer Sportart mit einem erhöhten Verletzungsrisiko und die Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld stünden anderenfalls in Widerspruch und begründeten einen Verstoß gegen Treu und Glauben (venire contra factum proprium). Daraus folge, dass nicht jede geringfügige Verletzung einer Spielregel, selbst wenn sie dem Schutz der teilnehmenden Spieler dient, bereits als fahrlässiges Verhalten zu werten sei. Ein Verschulden sei in der Regel erst bei einem groben Regelverstoß anzunehmen.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze scheide eine Haftung des Beklagten aus. Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Schädigung lägen nicht vor. Auch ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten sei nicht ersichtlich. Zwar habe der Beklagte einen Regelverstoß begangen, weil er in das gegnerische Spielfeld gelangt ist und das Netz berührte, ein grober Regelverstoß liege aber nicht vor.
Bei der Beurteilung, ob grobe Fahrlässigkeit vorliege, sei zu berücksichtigen, dass es sich um ein Wettkampfspiel mit „Kampfcharakter“ gehandelt habe und die Spieler in Stresssituationen in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen müssen, um erfolgreiche Spielzüge durchzuführen. Hierbei sei vom Beklagten die Grenze zwischen gebotener kampfbedingter Härte und unzulässiger Unfairness nicht überschritten worden. Der Beklagte habe versucht, den Ball zu erreichen, habe aber dessen Flugkurve falsch eingeschätzt. Der Sprung ins Netz sollte einem erfolgreichen Angriffsschlag dienen und sei daher von einer besonderen Spielmotivation getragen. Daher liege kein grober Regelverstoß und somit kein Verschulden vor.
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