Schadensersatz für Foul beim Fußballspiel
Das OLG Koblenz hat mit Hinweisbeschluss vom 17.07.2015 (Az.: 3 U 382/15) die Berufung des Klägers zurückgewiesen, mit welcher dieser seine Klage gegen den Beklagten auf Feststellung der materiellen und immateriellen Schadensersatzverpflichtung sowie die Zahlung auf Schmerzensgeld wegen einer Verletzung in einem Fußballspiel weiterverfolgt.
Der Klage lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien spielten in den jeweils gegnerischen Mannschaften eines Freundschaftsspiels der Alten Herren. Gegen Ende der ersten Halbzeit schoss der Kläger auf das gegnerische Tor. Den vom Torwart abgewehrten Ball versuchte der Kläger zu köpfen und bewegte sich mit dem Kopf in Richtung Ball. Zeitgleich wollte der Beklagte, ein Spieler der gegnerischen Mannschaft, der sich rechts gesehen vom Kläger befand, den Ball wegschlagen. Dazu trat der Beklagte mit dem rechten Fuß nach dem Ball. Hierbei traf er den Kläger in der rechten Gesichtshälfte. Hierdurch erlitt der Kläger Frakturen an Nase, Jochbein und Augenhöhle mit einem Netzhautriss und Netzhautablösung sowie eine Ganzkörperblutung. Diese hatte eine dauerhafte Einschränkung der Sehfähigkeit und eine Einschränkung des Gesichtsfeldes zur Folge. Streitig ist der Hergang des Vorfalls, insbesondere, ob der Beklagte den Kläger mit dem Knie oder mit dem Fuß getroffen hat. Der Kläger wertet die Spielweise des Beklagten als grobes regelwidriges Verhalten, weil er mit gestrecktem Bein „voll durchgezogen habe“.
Das OLG führt im Hinweisbeschluss aus, dass das LG die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen habe. Nach der Rechtsprechung des BGH und zahlreicher Obergerichte, sei eine Haftung nur dann gegeben, wenn ein schuldhafter Regelverstoß zu einer Verletzung führe. Ein schuldhaftes Verhalten liege jedoch nicht vor, wenn der Regelverstoß noch im Grenzbereich zwischen in einem solchem Kampfspiel eigenen gebotener Härte und unzulässiger Fairness liege. Ein schuldhafter Verstoß gegen eine dem Schutz des Sportlers dienende Spielregel löse im allgemeinen Schadensersatzansprüche aus, wenn dadurch der Sportler verletzt werde. Anders verhalte es sich, wenn ein Fußballspieler Verletzungen beim Austragen eines Wettkampfes beim kämpferischen Einsatz, beim Kampf um den Ball, erleide. Mit solchen Verletzungen rechne eine jeder Spieler und gehe davon aus, dass auch der andere diese Gefahr in Kauf nehme und etwaige Haftungsansprüche nicht erheben werde. Ein dennoch geltend gemachter Schadensersatzanspruch verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.
Diese Grundsätze gelten auch bei einem Spiel der Alten Herren. Bei dem zu beachtenden Sorgfaltsmaßstab sei zu sehen, dass jeder sein Bestes geben wolle. Andererseits bestehe ein Vertrauenstatbestand dahin, dass wegen der geringeren Bedeutung des Spiels nicht so hart gespielt werde. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sich bei einem Spiel der Alten Herren die Verletzungsgefahr aufgrund der unterschiedlichen körperlichen Fitness und technischen Fähigkeiten wesentlich erhöht sei.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe sei das LG zurecht davon ausgegangen, dass den Beklagten keine Haftung treffe. Der Beklagte habe zwar gegen die Regel 12 der Fußballregeln (DFB) verstoßen, in dem er den Kläger mit dem Knie oder Bein am Kopf getroffen habe. Für einen Regelverstoß reiche Fahrlässigkeit aus. Fahrlässigkeit liege bei Auslegung der Spielregeln und Richtlinien der FIFA bereits dann vor, wenn ein Spieler unachtsam, unbesonnen und unvorsichtig in einen Zweikampf gehe. Es konnte vorliegend jedoch nicht festgestellt werden, ob der Beklagte die Grenze zur unzulässigen Unfairness überschritten habe. Der objektive Regelverstoß indiziere nicht ein schuldhaftes Verhalten. Vorliegend habe es sich um einen hochdynamischen Prozess, der sich in Bruchteilen von Sekunden vor dem Tor abgespielt habe, gehandelt. Die Spielsituation sei von dem gegenseitigen Bestreben, den Ball als Erster zu erreichen, geprägt worden. Es sei davon auszugehen, dass beide Spieler mit vollem Einsatz spielten. Gerade in einer solchen Situation trete das Fußballspiel als Kampfspiel in den Vordergrund. Daher sei nicht anzunehmen, dass der Versuch des Beklagten, den Ball aus der Gefahrenzone zu befördern, hätte unterbleiben müssen. Die vom Beklagten erlittenen schweren Verletzungen rechtfertigen ebenfalls keine andere Beurteilung. Allein die Schwere der Verletzungsfolgen begründen keinen Anscheinsbeweis für eine haftungsbegründende Sorgfaltsplichtverletzung