Verfassungsbeschwerde zur Rechtsprechung des 1. Senats des BSG zur sachlich-rechnerischen Richtigkeit
Das Bundesverfassungsgericht kündigt Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden gegen die Entscheidungen des 1 Senats des Bundessozialgerichts zur Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit an.
Gegenstand der Verfassungsbeschwerden (Az. BvR 1 318/17, 1 BvR 1474/17 und BvR 2207/17) sind die Entscheidungen des 1. Senats des Bundessozialgerichts zur Frage der Nichtanwendung von § 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V (in der Fassung bis zum 31.12.2015) im Falle einer Prüfung der sogenannten sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung. Der erste Senat hat die Auffassung vertreten, dass die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit einer Kranekhausabrechnung einem eigenen Prüfregime unterfalle, dass nicht unter § 275 Abs. 1 c SGB V zu sobsumieren sei, der nur die Auffälligkeits- bzw. Wirtschaftlichkeitsprüfung regele. Die Rechtsprechung hat unter anderem Auswirkung auf den Anspruch der Krankenhäuser auf Bezahlung der Aufwandspauschale sowie die Einhaltung der Prüffrist des § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V. Unter die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit fallen insbesondere Fragen der Kodierung bezüglich der Haupt-und Nebendiagnosen und der Prozeduren. Die sachlich-rechnerische Richtigkeit kann nach Auffassung des Bundessozialgericht zudem ohne eine konkrete Auffälligkeit im Rahmen der vierjährigen sozialrechtlichen Ausschlussfrist durch die Krankenkassen geprüft werden.
Die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit ist in der sozialgerichtlichen Instanzenrechtsprechung sowie in der Literatur zunehmend auf Kritik gestoßen. Die Kritiker vertreten die Auffassung, dass der erste Senat des Bundessozialgerichts die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschritten hat, indem er ein eigenes Prüfregime gebildet hat, ohne dass hierfür eine ausreichende Grundlage im Gesetz zu finden ist.
Dies hat viele Krankenkassen dazu bewogen, bereits bezahlte Aufwandspauschalen von den Krankenhäusern für die Vergangenheit zurückzufordern.
Ansprechpartner:
Christian Herbst, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht