12. September 2018 · Gesellschaftsrecht

Notgeschäftsführungsbefugnis bei einer GbR

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner Entscheidung vom 26.06.2018 (Az.: II ZR 205/16) über die Reichweite des Notgeschäftsführungsbefugnis bei einer GbR nach § 744 Abs. 2 BGB zu entscheiden.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war Gesellschafter einer Rechtsanwalts GbR, die wiederum ihrerseits Gesellschafterin der beklagten GmbH war. Als Gesellschafter der GbR erhob der Kläger gegen verschiedene Beschlüsse der GmbH Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen. Diese Klagen verfolgt er nunmehr auch nach seinem Ausscheiden aus der GbR weiter.

Beschlossen wurde unter anderem die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der GmbH aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung, die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages mit dem Kläger und die Ermächtigung, verschiedene Mandate, die der Kläger betreute, außerordentliche zu kündigen oder niederzulegen sowie Schadensersatzansprüche der GmbH gegenüber dem Kläger, zu prüfen.

Das Oberlandesgericht ging von einer Anfechtungsbefugnis des Klägers aus, hat der BGH eine solche nach § 744 Abs. 2 BGB verneint. Zur Begründung führt der BGH aus, dass die erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Die Norm berechtige Teilhaber  einer Gemeinschaft, die zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands notwendigen Maßnahmen zu treffen. Die analoge Anwendung auf die Geschäftsführung einer Gesellschaft durch einen Gesellschafter einer GbR sei in der Rechtsprechung des BGH anerkannt. Das Notgeschäftsführungsrecht analog § 744 Abs. 2 BGB erfasse bei einer GbR nicht nur Maßnahmen, die zu Erhaltung eines bestimmten Gegenstands aus dem Gesamthandvermögen erforderlich seien, sondern gelte auch dann, wenn der Gesellschaft selbst eine akute Gefahr drohe und zur Abwendung der Gefahr ein rasches Handeln erforderlich sei. Dieses Beschwerderecht könne auch eine Beschlussanfechtung umfassen. Der Notgeschäftsführer nehme die Rechte der Gesellschaft war und sei kraft Gesetz zur Prozessführung befugt.

Im vorliegenden Fall stellen die Beschlüsse der GmbH jedoch keine Gefahr für die GbR dar. Durch die Beschlüsse werde die GbR nicht in ihrer Rechtsstellung betroffen. Allein die objektive Gefahr der Rechtswidrigkeit der Beschlüsse genüge nicht. Die kurze Anfechtungsfrist des § 246 AktG begründe ebenfalls keine Gefahr für die GbR. Weitere Gründe, die § 744 Abs. 2 BGB ausfüllen können, seien nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Ferner sei die Notwendigkeit raschen Handelns nicht gegeben. Eine Notgeschäftsführung scheide jedenfalls aus, wenn es dem Gesellschafter möglich sei, durch Inanspruchnahme seiner Mitgesellschafter eine Mitwirkung an der Abwendung der Gefahren für die Gesellsaft zu erreichen. Im vorliegenden Fall könnten die Gesellschafter der GbR die Beschlüsse durch eine erneute Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung der GmbH beseitigen.

Fazit:

Allein der drohende Ablauf einer Anfechtungsfrist begründet laut BGB kein Recht auf Notgeschäftsführung.

 

Ansprechparner:

Dr. Georg Graml, Rechtsanwalt